Part II: Slug Christ – ein sehr reales Beispiel der Realness von Hustensaftrap
Einer der HipHop Künstler, die besonders augenscheinlich in die Kategorie fallen, den Exzess mit bewusstseinsverändernden Substanzen zu zelebrieren, und dabei auf die Missstände seiner Community aufmerksam machen, ist Slug Christ (Awful Records). Seine Musik zeichnet sich aus durch eher drückende, sphärische Beats und schleppende Vocals, und lässt sich dadurch durchaus als Cloud Rap beschreiben. In einem Interview nannte Slug Christ den Begründer des Cloud Rap, Lil B, als eins seiner größten Vorbilder. Der Mitte Zwanzigjährige, aus Atlanta stammende Rapper, repräsentiert aber nicht nur Cloud Rap, bzw. „Hustensaftrap“, sondern sogar ein Extrem. Seine primäre Substanz der „Wahl“, neben Kodein und diversen anderen Substanzen, ist Heroin, bzw. Fentanyl. Nicht nur Kodein ist in den USA eine häufig verschriebene Substanz, sondern auch Fentanyl und andere Opioide. Die Rate der verschriebenen Rezepte für Fentanyl ist in den USA sehr viel höher ist als in Europa.
Mit auslaufender und überteuerter Krankenversicherung können sich viele Patienten die Rezepte vom Arzt nicht mehr besorgen, und gehen somit dazu über, sich die Medikamente auf der Straße illegal zu besorgen. Im Falle des Rappers Slug Christ (Slugga) begann der Einstieg in den Opiatkonsum als Jugendlicher. Durch die Krankheit eines Familienmitglieds, durch die im Haus dauerhaft Fentanyl greifbar herumlag, hatte Slug Christ einfachen Zugang zu der hochgradig potenten Substanz. Seine Einstiegsgeschichte ist nur ein Beispiel für die der unzähligen Menschen der US Bevölkerung, die der Gesundheits- und Pharmapolitik zum Opfer gefallen sind. Jedoch verherrlicht Slugga den Konsum nicht. Ebenso gefällt ihm nicht, wenn man ihn für sein Konsumverhalten zelebriert.Viel mehr versucht er, ein Bewusstsein für diese Problematik zu schaffen, indem er diese in seinen Tracks thematisiert.
I won’t let my friends hit no motherfuckin‘ herron (mothafuckin‘ that) I do it by myself in the motherfuckin‘ bathroom
lautet eine seiner Lines des Tracks „Herron“ (Heroin) und beschreibt seine Einstellung zum Konsum.
Was ihm auch gegen den Strich geht, ist, dass viele der aktuell erfolgreichen Rapper sich ein Image kreieren, das von der Verherrlichung des Konsums lebt. Doch nicht nur die Problematik des Konsums und deren Aufklärung liegt Slug Christ am Herzen. Ihm ist beispielsweise ebenso bewusst, dass Sexismus und Rassismus Aspekte des Alltags sind, die immer noch viel zu häufig vorkommen, und dass er durch seine Musik Menschen positiv beeinflussen kann.
Dies ist nur ein positives Beispiel für Hustensaftrap, bzw. in Sluggas Fall, Heroinrap mit Hustensaft, und damit bei weitem nicht repräsentativ für die Masse des Genres. Aber es zeigt, dass es durchaus berechtigt sein, diesem Genre die Chance zu geben, ernst genommen zu werden. In jedem Fall ist es relevant, da es sich mit den Leben so vieler Menschen überschneidet, ob nun aktiv, oder passiv.
Europäischer, und besonders deutscher Cloud Rap, unterscheidet sich von dem der USA, und auch das Gesellschaftsbild ist selbstverständlich nicht dasselbe. Jedoch ist der Einfluss dieses Musiktrends auf Deutschland nicht zu leugnen. In welcher Weise und welchem Ausmaß es sich hierzulande adaptiert, ist besonders interessant. Im Gegensatz zu einer Vielfalt an Cloud Rap in den USA, d.h. von drogenverherrlichenden bis zu gesellschaftskritischen Hustensaftkünstlern, findet man in Deutschland bisher eher nur solche der hedonistischen scheiß drauf Attitüde, wie zum Beispiel Yung Hurn oder Hustensaft Jüngling.
Das Übernehmen von Musikstilen und Themen ist allerdings ein Prozess, sodass abzuwarten bleibt, wie genau sich Cloud Rap in Deutschland weiter entfaltet. Und allen, die es trotzdem nicht checken wollen, und mit einem „jaja, schon irgendwie richtig, aber trotzdem ist das kein echter HipHop“ kommen, rate ich: get your facts right, Alter, sonst bist Du auch nicht echt HipHop. Ihr müsst es ja nicht gleich mit einer Flasche Sizzurp feiern, nur akzeptieren.